Sechs Siege und ein Unentschieden: das ist die Bilanz des einzigen, in diesem Kalenderjahr ungeschlagen Teams der Oberliga Hamburg. Und dies ist nicht TuS Dassendorf, sondern der FC Süderelbe. Die Kiesbarg-Kicker surfen auf der Erfolgswelle und führen die Abstiegsrunde an. Sollte die Partie in Lohbrügge an Ostermontag gewonnen werden, dann wäre dem FCS der Klassenerhalt nur noch äußerst theoretisch zu nehmen. Das „Himmelfahrtskommando“ aus 2020 steht vor einem guten Ende und auf einer sehr soliden Basis. Und diese will man weiter festigen.
Als Absteiger Nummer eins gestartet
Im Gespräch mit Oberliga.info ist Sportdirektor Seweryn Malyk völlig entspannt und gut gelaunt. Der FC Süderelbe surft aktuell auf einer Erfolgswelle und hat den Klassenerhalt vor Augen. Dass dies bei seinem Amtsantritt ganz anders aussah, daraus macht Malyk keinen Hehl: „Es war ein, zumindest für Außenstehende, Himmelfahrtskommando. Für mich hatte der FCS trotz der schwere der Aufgabe eine besondere Strahlkraft..“ Nach einem Umbruch und einer konzeptionellen Neuausrichtung hatte der FCS im Sommer 2020 nur noch einen Spieler unter Vertrag. Und wurde für die Trainerneuverpflichtung Stefan Arlt belächelt – milde ausgedrückt. „ ‚Kann Arlt Oberliga‘ – solche Schlagzeilen gab es teilweise zu lesen, ohne die Hintergründe zu kennen, ohne mit uns gesprochen zu haben. Dies habe ich mit einem müden Lächeln vernommen“, so Malyk über die bestimmenden Schlagzeilen vor knapp zwei Jahren. Er selbst hat an den Qualitäten des neuen Trainers und vormaligen Jugendkoordinators nie Zweifel gehabt: „Stefan hat bereits vor 20 Jahren bei der SV Blankenese und Este 06/70 sensationelle Arbeitet geleistet. Dort auch Deniz Baris zum späteren St. Pauli-Profi und türkischen Nationalspieler entwickelt. Er ist – unterstützt von einem harmonischen und funktionierenden Umfeld aus Vorstand, Trainer, Betreuer- und Orga-Team – von Anfang an der Architekt der Neuausrichtung gewesen.“
Neustart mit Hindernissen
Mitten im Corona-Sommer 2020 musste also eine neue Mannschaft aufgebaut werden. Lediglich Karim Derouiche (mittlerweile FC Türkiye) war noch übrig: Und dies gelang vor allem Quantiativ sehr gut. 28 Spieler konnten Malyk und Arlt für den FC Süderelbe überzeugen, die Allermeisten ohne Oberliga-Erfahrung und der Großteil auch altersmäßig unerfahren. Von dem einen oder anderen Konkurrenten wurde der FCS wohlwollend belächelt. „Für viele waren Abstiegskandidat Nummer eins“, meint Seweryn Malyk rückblickend. Dass die junge Mannschaft etwas leisten kann, bekam direkt am ersten Spieltag der HSV Barmbek-Uhlenhorst zu spüren, der mit 2:3 am Kiesbarg baden ging. In der Summe war der Saisonstart ordentlich, sieben Punkte in den ersten sechs Spielen zeigten, dass der FCS keineswegs nur Fallobst war. Und doch war der Neustart holprig, vor allem, weil Corona die Saison bekanntermaßen frühzeitig beendete.
Neue Leute im Sommer und ein durchwachsenes erstes Halbjahr
Im letzten Frühjahr begann dann die Feinjustierung im Kader. 13 Spieler gingen, elf neue kamen. Auch hier wurde, mit wenigen Ausnahmen, auf junge und talentierte Kicker gesetzt. „Das haben wir uns auf die Fahne geschrieben“, bekräftigt Malyk den „neuen“ Süderelber Weg: „Allein 14 Spieler wurden in diesen zwei Jahren aus der „Zweiten“ hochgezogen..“ Can Kömürcü (21 Jahre/ehemals Buchholz), Justin Heinbockel (21/TuS Heeslingen), Takuro Mohara (24 Jahre/FC Türkiye) oder Jorge Camacho (19 Jahre/Norderstedt U19) stehen exemplarisch für eine ganze Reihe junger Spieler, die sich ihren Platz in der Oberliga erkämpft haben. Doch die Ergebnisse waren durchwachsen. Zwar zeigten vor allem die Siege gegen Osdorf (2:0 und 3:1), welche Leistungen die Arlt-Elf an guten Tagen abrufen kann. Doch dem gegenüber steht auch eine zwischenzeitliche Sieglos-Serie von sieben Spielen. Die Meisterrunde war in der unglaublich engen Gruppe 2 nicht drin. Diese nicht erreicht zu haben, war aber nebensächlich. „Im Gegensatz zur Staffel 1 gab es in unserer Gruppe keine sogenannten Testspiele. Wir mussten fast immer abliefern. Deshalb haben die Teams aus unserer alten Liga einen Wettbewerbsvorteil in die Abstiegsrunde mitgenommen und die meisten der direkten Duelle gegen die Teams aus der Staffel 1 eins gewonnen“, glaubt Malyk.
Feinjustierung als Grundlage einer Serie
Im Winter betrieb man am Kiesbarg Feinjustierung am Kader. Man holte mit Claudiu Codoban aus Rumänien und Ömer Akyörük von Teutonia 05 dringend benötigte Erfahrung. Nun hat man seit dem Winter nicht mehr verloren. Sechs Siege und ein Unentschieden stehen zu Buche, darunter deutlich und verdient beim SC Victoria und eben in der wichtigen Abstiegsrunde. So führt der FC Süderelbe diese nun an und steht kurz vor dem Klassenerhalt. Malyk weiter: „Es ist schön, dass die Ergebnisse stimmen. Das ist der Lohn für die kontinuierliche Arbeit im gesamten Verein. Allerdings ist die Abstiegs- und Aufstiegsfrage in der Regionalliga noch ungeklärt, deshalb gehen wir vom Wort-Case-Szenario aus und wollen mindestens Vierter werden. “ Dennoch: ein weiterer Dreier und der Klassenerhalt ist in trockenen Tüchern. Die Voraussage, dass der enge Spielplan der Gruppe Zwei ein Vorteil sein könnte, scheint sich zu bewahrheiten. Denn die fünf Teams aus dieser Staffel führen derzeit die Tabelle an – trotz teils schlechterer Ausgangspositionen.
Die Idee steht, die Planungen laufen
Und wie geht es am Kiesbarg weiter? Personelles will der Sportdirektor nicht verraten, bestätigt nur, dass man sich in der heißen Phase der Planung befindet. Ziel soll es aber sein, die Mannschaft weitestgehend zusammen zu halten und auch weiter zu verstärken. Daher will man weiter junge Spieler für den FC Süderelbe begeistern: „Das ist unser Credo, unsere Idee. Junge, hungrige und entwicklungsfähige Spieler können unter der begeisterungsfähigen Atmosphäre am Kiesbarg richtig aufblühen. Wir verpflichten keine Spieler, um den Kader aufzufüllen. Sie sollen sich einerseits die Spielzeit verdienen und dürfen dabei auch die Fehler machen, um sich zu verbessern.“ Dass dies keine leeren Worte sind, zeigt die jüngste Mannschaft der Oberliga (24,1 Jahre im Schnitt) aktuell Woche für Woche. Und bringt damit das „Himmelfahrtskommando“ zu einem guten Ende.