Ruhig war es um den TSV Sasel in der Hinrunde. Nach der Meisterschaft 2023 und einer sehr unruhigen Spielzeit 2023/24 fahren die Parkwegler praktisch unter dem Radar. Mit sieben Siegen bei sieben Niederlagen steht der TSV im Tabellenmittelfeld – und da gehört man ganz objektiv betrachtet auch hin. Trainer Jan Ramelow stand uns mit seiner Bilanz Rede und Antwort, blickte dazu auf die aktuellen Kaderbewegungen in Sasel.
Viel Erfahrung geht
„Ich glaube, selten hat ein Verein im Winter soviel Erfahrung abgeben müssen, wie wir jetzt“, konstatierte Ramelow zur Bekanntgabe gleich dreier Karriereenden. Mit Sasel-Inventar Nico Zankl (33 Jahre, hat immer nur das Saseler Trikot getragen), mit Tim Jeske (36) und Kjell Ellerbrock (30) hängen gleich drei erfahrene Stützen ihre Oberliga-Buffer an den berühmten Nagel. Ganz unerwartet trifft die Verantwortlichen am Parkweg dies aber nicht: „Wir haben im Sommer sehr intensive Gespräche geführt und festgestellt, dass alle drei richtig auf Bock die neu formierte Mannschaft hatten. Dennoch hatten wir verabredet, dass wir uns im Winter zusammensetzen, offen und ehrlich miteinander reden.“ Und das wurde in Sasel getan – alle drei Spieler können den Aufwand nicht mehr stemmen. „Familie und Beruf gehen natürlich vor“, hat Ramelow, selbst Familienvater, absolutes Verständnis für den Abschied der drei Routiniers. Ebenfalls nicht mehr zum Kader gehört Youngster Niklas Laude, der in den Nachwuchs des Eimsbütteler TV wechselt.
Timm kehrt zurück – Thele verstärkt die linke Seite
Damit sind aus der Meisterschaftmannschaft nur noch vier Spieler dabei: Kapitän Jean-Lucas Gehrken, Keeper Anton Lattke, Fatih Umurhan und Lukas Kourkis halten die Titelfahne hoch. Doch ein Fünfter ist im Anflug – Marc-Oliver Timm kehrt nach 18 Monaten beim PSV Neumünster nach Sasel zurück. Der Vierte der Oberliga Schleswig-Holstein verkündete den Wechsel bereits vor dem Jahreswechsel, offiziell macht es der TSV aber nun erst. „Marc ist natürlich ein Glücksfall für uns“, betont Ramelow: „Er kennt den Verein, ist mit 24 Jahren immer noch jung, doch gleichzeitig ein herausragender Oberliga-Verteidiger. Das kann uns nur besser machen.“
Ein zweiter Neuer ist für die linke Außenbahn vorgesehen und hört auf den Namen Leif Thele. Der 19-Jährige, ausgebildet im Nachwuchs des HSV und von Holstein Kiel, kehrt nach Hamburg zurück. Für ein halbes Jahr stand er beim SV Todesfelde unter Vertrag, konnte sich aber nicht durchsetzen und kam in der Reserve des Regionalligisten zum Einsatz. „Leif ist ein spannender junger Linksverteidiger“, so Ramelow. Nichts zu verkünden gibt es zur Personalie Leandro Casale – der ehemalige Niendorfer kam im letzten Test bei BU als Testspieler zum Einsatz, traf dort direkt.
„Die Oberliga ist noch mal eine Stufe mehr“
Für den Saseler Cheftrainer ist derweil das erste halbe Jahr in der Oberliga absolviert, Zeit auch für ihn, eine persönliche Bilanz zu ziehen. „Die Oberliga ist nochmal eine Stufe mehr“, beschreibt Ramelow seinen Eindruck zur Saisonhalbzeit: „Eine Stufe schneller, ein Stück intensiver, der Einsatz höher. Auch die öffentliche Wahrnehmung ist eine ganz andere als in der Landesliga.“ So kann Ramelow nach zuvor vier Landesliga-Jahren inklusive Titel mit der U23 des Niendorfer TSV völlig neue Erfahrungen sammeln. „Natürlich hab ich Ali Farhadi in Niendorf über die Schulter geschaut, aber die Oberliga selbst als Trainer zu erleben, ist noch mal was anderes“, fasst er zusammen und ergänzt: „Im Großen und Ganzen ist es aber so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt hatten.“
„Es hätten zwei, drei Punkte mehr sein können“
Sportlich vergleiche Jan Ramelow die Saison mit einer kleinen Achterbahnfahrt, zumindest was die Ergebnisse angeht: „Wir haben viele gute Ergebnisse erzielt, einige nicht so gute. Aber zumeist haben wir gezeigt, dass wir mit der jungen Mannschaft immer mithalten können.“ Man habe Lehrgeld bezahlt, so der Saseler Trainer weiter: „Ab und an hat man gemerkt, dass uns das letzte Quäntchen Cleverness und Abgezocktheit fehlt.“ Kaum verwunderlich, viele Spieler sind erst in ihrer ersten oder zweiten Oberliga-Saison. Und der Altersdurchschnitt wird nach den Karriereenden von Zankl, Ellerbrock und Jeske sinken. Im Endeffekt ist Ramelow mit den Ergebnissen im Großen und Ganzen zufrieden, schränkt aber ein: „Wir haben unter anderem bei Süderelbe und bei Vorwärts-Wacker Vorsprünge verspielt. Es hätten zwei, drei Punkte mehr sein können. Ja, vielleicht sogar müssen!“ Einen Strick will er seiner Mannschaft daraus aber nicht drehen.
Sasel steht für Offensivfußball und Entwicklung
Denn eines ist beim TSV Sasel klar: es wird 90 Minuten in Höchstgeschwindigkeit gespielt und geackert. „Wir wollen erfrischenden Offensivfußball spielen“, so Ramelow und ist sich sicher: „Wir zeigen das auch.“ Nur die Torausbeute dürfte dem Übungsleiter nicht schmecken. Lediglich 38mal klingelte es im gegnerischen Kasten, nur sechs Team trafen ligaweit seltener. Aber auch daran arbeitet man intensiv. So traf Pedro Gomes dos Santos in dieser Spielzeit schon neunmal – ein Tor mehr als in der gesamten Spielzeit 23/24.
Beim Blick auf den Kader fällt auf: viele Spieler wie bereits genannter Gomes als Beispiel sind jung, lernwillig und entwicklungsfähig. Ein Weg, den man in Sasel ganz bewusst geht, wie Jan Ramelow beschreibt: „Wir wollen diese jungen hungrigen Spieler. Wir können ihnen die Spielzeit geben, die sie brauchen und wollen sie besser machen. Und ich bin mir sicher, dass wir eher früher als später jemanden in der Regionalliga sehen!“ Natürlich würde man in Sasel gerne sehen, dass die Spieler längerfristig den Parkweg als sportliche Heimat sehen: „Das ist natürlich unser bestreben, einen Kern zusammenzuhalten, der auf Jahre guten Oberliga-Fußball zeigen kann. Und natürlich möchte man auch die besten Spieler halten. Wenn aber ein Spieler die Chance bekommt, höherklassig zu spielen, dann sind wir die Letzten, die sich nicht mit ihm freuen. Denn das ist ja auch ein Stück eine Auszeichnung für den Verein.“
Das Umfeld trägt den Weg mit
Einsatz und Wille – das ist das, was durchaus erfolgsverwöhnte Saseler Umfeld sehen möchte. Unter Danny Zankl gelangen einige gute Platzierungen sowie der große Wurf mit dem Titel sowie zweimal der Einzug ins Pokalfinale. Doch die letzte, sehr unruhige Saison hat bewiesen, dass so etwas am Parkweg keine Selbstverständlichkeit ist. Doch die Zuschauer tragen den Umbruch und die aktuelle Entwicklung mit, sind ein wichtiger Faktor für die Mannschaft: „Die Unterstützung ist phänomenal und die Zuschauer sehen, dass die Jungs alles geben und guten Fußball zeigen wollen.“
Auch im Verein ist, wie eingangs erwähnt, alles ruhig. „Unser Weg wird mitgetragen“, betont Jan Ramelow: „Es ist ein tolles, entspanntes Arbeiten. Jeder weiß, dass wir eine junge Mannschaft haben, die viele gute Dinge, aber auch Fehler macht.“ Dieses Vertrauen wollen er und seine Mannschaft mit viel Einsatz zurückzahlen. Und vielleicht gelingt es dem TSV Sasel ja noch, sich tabellarisch ein oder zwei Plätze zu verbessern.